Der Hauch des Lebens!
Vorab ein wenig 1×1! 😉
Um bei Verbrennungsmotoren die Leistung zu regulieren, braucht es eine steuerbare Dosierung des Treibstoffs. Durch die Abwärtsbewegung der Kolben im Zylinder – also nach Überschreitung des OT – entsteht im Motor ein Unterdruck, weshalb dieser „1. Takt“ auch als Ansaugtrakt bezeichnet wird. Durch diesen wird alle verfügbare Luft in den Zylinder gesaugt. Da es entsprechend der geschlossenen Auslaßventile nur eine Öffnung gibt, durch die Luft eindringen kann, baut der Motor also vergaserseitig Unterdruck auf.
Das die Effektivität solcher Vorgänge natürlich darüber entscheidet, wie wirkungsvoll ein Motor funktioniert, liegt auf der Hand. Logisch erscheint, daß dafür grundsätzlich ein schnelles Einströmen von brennbarem Gemisch anzustreben ist. Solche Überlegungen anzustellen, macht allerdings erst seit einer Erkenntnis eines Herrn Venturi (1746-1822) Sinn, der herausfand, daß fließende Stoffe beim Passieren eines Engpasses an Geschwindigkeit zunehmen und dabei auch an dieser Stelle zugeführte Substanzen mitreißen. Wir kennen den Effekt aus unseren Kindertagen beim Seifenblasen pusten … ach ja, eine zuschlagende Tür bedient sich auch (ohne es zu wissen) dieses Effekts … 🙂
Nachvollziehbar, daß dat entsprechende Dingen im Vergaser heute „Venturi-Rohr“ heißt.
Lambda
Herr Venturi konnte nicht ahnen, wozu uns heute seine Erkenntnis befähigt. Somit war ihm auch nicht bekannt, wann sich ein Ottomotor in gutem Wirkungsbereich befindet. Während Straßen- und Serienmotorrädern mit werksseitigen Durchschnittseinstellungen der Vergaser ausgeliefert werden, legen Liebhaber und vor allem die Racergilde viel Wert auf optimale Set-Ups. Da wird immer wieder von einem Lambda gesprochen und an den Krümmern finden sich seltsame Verschlußstopfen …
Hierunter verbirgt sich nichts anderes, als die Einstellung des Vergasers über die Kontrolle des optimalen Mischungsverhältnisses von Luft und Benzin zu ermitteln. Dieses Mischungsverhältnis ist dann optimal, wenn es bei 14,7-14,8 Kg Luft zu 1 Kg Benzin liegt. Das stellt den „Lambdawert 1“ dar. Wird relativ mehr Luft gemessen – nämlich per Sonde, die in eben jene seltsamen Verschlußstopfen eingeführt wird – wird von magerem, wird weniger gemessen von fettem Gemisch gesprochen.
Soweit zu den Basics …
Vergasertypen
„Gleichdruckvergaser“, die wegen der Nutzung des im Zylinder entstehenden Unterdrucks im Volksmund auch Unterdruckvergaser genannt werden, stellen in Serienmotorrädern überwiegend die Grundausstattung dar. Dieser Unterdruck ist bei stabiler Drehzahl immer gleich – daher der (korrekte) Name.
Einfach beschrieben: Je höher dieser durch bewegte Luftmengen ausgelöste Druckunterschied zwischen Motorinnerem und -äußerem wird, desto höher schiebt er im Vergaser den Kolbenschieber nach oben, wodurch wiederum der Querschnitt der Hauptdüse immer mehr freigegeben wird und die einströmende Benzinmenge zunimmt.
Die Brennstoffdosierung erfolgt also entsprechend der Luftmengen und nur indirekt abhängig von der Drosselklappe. Durch Letztere erfolgt dagegen direkt die Regulierung der Luftzufuhr in den Brennraum. Wird also die Drosselklappe geöffnet, füllt sich der Zylinder quantitativ mehr (kurzzeitige Gemisch-Abmagerung) und die Verbrennung wird kraftvoller. Dadurch erhöht sich der Unterdruck, was der größeren Menge Luft auch wieder mehr Benzin zuführt. Kurbelt die Gashand dagegen wieder aufwärts, sinkt die Brennraumfüllung (Gemisch kurzzeitig fetter), der Unterdruck läßt nach, der Kolben im Vergaser macht sich’s wieder weiter unten bequem, reduziert den Hauptdüsenquerschnitt und es wird weniger Benzin abgegriffen.
Da dieser Vergasertyp zwar passiv über den Unterdruck aber aktiv über die Drosselklappe bedient wird, spricht man auch von „Drosselklappenvergasern“. Sein Vorteil ist die durch die indirekte Funktionsweise hervorgebrachte Geduldigkeit. Ruckartigem Gasgeben folgt er mit entsprechender Gelassenheit und bei allzu spontanem Zudrehen gönnt er dem Motor noch ein paar Tropfen, so daß Hopping-Effekte im normalen Fahrbetrieb eigentlich die Ausnahme darstellen.
Bei einem „Schiebervergaser“ wird statt des passiv bewegten Kolbens ein Rund- oder Flachschieber mittels Gaszug direkt betätigt. Unterschieden wird in „Rund-“ oder „Kolbenschiebervergaser“ und „Flachschiebervergaser“.
Anders als im Drosselklappenvergaser folgt die Gemischanreicherung nicht passiv der einströmenden Luftmenge, sondern ist synchroner Bestandteil des Vorgangs, wenngleich auch bei ihm die Benzinmenge durch den aufgebauten Unterdruck angesteuert wird.
Das Aufziehen des Schiebers legt dabei allerdings direkt die spritführende Düse frei und steuert so die Benzinmenge. Das der Prozeß so schneller abläuft, ist einleuchtend. Spontanere Gasannahme erfreut deshalb den sportlich ambitionierten Töfftreiber, wenngleich er schon drauf achten sollte, mit Gefühl am Griff zu drehen. Da nämlich die Sogwirkung in Abhängigkeit zum Rohrquerschnitt steht (wir erinnern uns an Herrn Venturi), kann ein allzu ambitioniertes Ziehen am Hahn zum Strömungsabriß führen: Der Unterdruck-Sog reicht nicht mehr aus und kann nicht mehr genug Benzin mitreißen. Kommen wir zu unserem Beispiel mit der zuschlagenden Tür zurück: Statt durch Öffnen eines weiteren Fensters den Wind im Raum zu erhöhen, kehrt schlagartig Windstille ein! Die Tür zuckt noch nicht einmal. Darum besteht die größte Gefahr eher kurz bevor das Fenster geschlossen wird … wir alle kennen das … 🙂
Was passiert also beim Strömungsabriß? Im Volksmund wird das Phänomen nach seiner subjektiven Wirkung als „Verschlucken“ bezeichnet, obwohl es objektiv genau das Gegenteil darstellt: Die Gemischmenge sinkt schlagartig ab. So gesehen muß der Motor erst wieder ans Gas geführt werden. Um diesem Problem zuvor zu kommen, finden sich an einigen Schiebervergasern sogenannte Beschleunigerpumpen. Diese spritzen beim Aufziehen des Schiebers automatisch zusätzlich einen Spritzer Benzin ein, was das beschriebene Abmagern des Gemischs infolge des Unterdruckverlustes kompensiert. Jede gute Erfindung hat natürlich auch immer Schattenseiten: Zu bedenken sollte im Falle der Beschleunigerpumpe sein, daß sie mitunter auch zu spontanen Drehzahlschüben führen kann, weshalb sie sich für den öffentlichen Straßenverkehr nicht in jedem Fall empfiehlt …
Historisch gesehen stellen „Flachschiebervergaser“ sicher den letzten Entwicklungsschritt dar. Hauptaugenmerk liegt bei Ihnen darauf, noch konsequenter den Luft- und Gemischstrom unbehindert in den Brennraum zu geleiten. Wo beim Rundschieber noch recht voluminöse Kolben direkt im Strömungsrohr liegen, ist der Flachschieber durch seine ergonomische und eher rechteckige Bauweise weitgehend von Kanten und Ecken im Strömungsbereich befreit. Kurze Ansaugwege und ein Minimum beweglicher Teile optimieren die Zylinderfüllung. Auch wenn der Schieber selbst rechteckig ist, reguliert er einen kreisförmigen Durchlaß, den er wie ein Deckel – halt „flach“ – freigibt oder verschließt. Seine bauartbedingten geringen Ausmaße prädestinieren ihn vor allem für den Rennsport.
Abschließend betrachtet sollte klar sein, daß die Wahl des Vergasers kaum Einfluß auf die Maximalleistung des Motorrades hat. Ein Leistungszuwachs, der sich konkret in Pferdestärken messen läßt, entsteht zwar grundsätzlich schon durch die besseren Strömungseigenschaften der Motorperipherie. Hieran sind allerdings noch Lufteinlaß-und Auspuffsystem bzw. vor allem der Zylinderkopf beteiligt. Natürlich bietet auch der Einsatz eines Leistungsvergasers eine solche Strömungsoptimierung.
Ergo: Er macht nicht schneller, sondern nur schneller schnell!