Nicht mit der heißen Nadel …!
Beschäftigt man sich mit älterem Material, findet man im in der Regel einen recht aktiven Gebrauchtteilehandel. Dennoch gibt es immer wieder Teile, die einen hohen Seltenheitswert besitzen und deshalb nahezu nur im Zubehörhandel zu finden sind. Dort natürlich zu blutgerinnungsauslösenden Preisen … 😯
Mit etwas Geduld findet man dann mitunter doch nochmal das Gewünschte und ist auch zu gewissen Kompromissen bezüglich der gebotenen Qualität bereit. Mitunter schaut man auch mal nicht so genau hin: „besser schlecht als gar nicht“.
Geradezu herzerwärmend wirkt sich dann ein Glückskauf aus, der bei gutem Preis auch noch sofortige Einsatzbereitschaft versprechen will. Davon könnte man zumindest ausgehen, wenn das Teil als „instandgesetzt und neu lackiert“ angepriesen wird (Originaltext):
Halbverkleidungsteile Links und Rechts für eine Yamaha Fz 750 1FN. Beide Teile sind instandgesetzt und neu lackiert in original Silbermetallic. Auf den Bildern ist die Qualität und der Zustand sehr gut zu erkennen. Bitte keine Neuteile erwarten.
Genau hinschauen sollte man dann aber doch schon und der Satz: „bitte keine Neuteile erwarten“, kann dann schon mal ganz ureigene Dimensionen bedeuten… 😯
Nun, die Teile kamen an und leise klöternde Geräusche bei Übernahmen des Pakets ließen schon nichts Gutes erahnen. Um es kurz vorweg zu nehmen: Heute weiß ich, dass auch „instandgesetzt“ ein äußerst dehnbarer Begriff zu sein scheint. 🙄
Offensichtlich waren die Teile „ordentlich“ gespachtelt worden. Der Lacker hat dann höchstwahrscheinlich nach der Lackierung (ebenfalls) „ordentlich“ die Heizung hochgefahren. Ergebnis: selber schauen!
Spachtel verliert unter überdosierter Hitzeeinwirkung recht schnell seine Haftungsmotivation. Daher das Geklöter. Es fanden sich zahlreiche Bruchstücke. 😐
Was der Blick auf die Sichtseite schon ankündigte, spottete bezüglich der Rückseite jeglicher Beschreibung:
Ich könnte mir vorstellen, dass dieses Teil bei der Altbausanierung als Putzkelle gedient hat. 👿
Nun, zusammen mit dem weiteren Entwicklungspotenzial ergab sich eigentlich ein sehr stimmiges Bild!
Dabei ließen sich die ausgebrochenen Ränder und Halterungsaugen noch als völlig normal und undramatisch einordnen. Würgereize kamen lediglich bei den im Spachtel eingeklebten und mit „Original-Silber“ übergepanschten Karosseriemuttern auf. 👿
Nun – bei soviel in diesen zwei Verkleidungsteilen zusammendestilliertem Feingefühl und Fachverstand kann man seiner Begeisterung ja kaum noch Luft machen!
Hätte ich nicht so viel Langeweile, hätte ich dem Verkäufer sicher geraten die Stücke nochmal einem breiteren begeisterungesfähigen Publikum vorzustellen, aber da ich ja bekanntermaßen händeringend Beschäftigung brauche … 😎
Aber kein Grund zur Panik … 😉
Update 19.07.2014
Inzwischen waren mir noch weitere Seitenteile zugewachsen – allerdings viel „ehrlichere“ … 😉 Gleich sauber mit Fotos dokumentiert und eindeutig beschrieben. Saubere Sache, auf die man sich dann einlassen kann! Zu erkunden sollte damit sein, wieviel sich von dem Zeuchs retten lassen sollte!
Nun – bekanntermaßen gebe ich nichts so leicht auf! 😉 Und so gab es drei Stufen der Zuwendung:
- Reparatur
- Restauration
- Rekonstruktion
Die silbernen Teile waren inzwischen durch die „Tiefenprüfung“ und offenbarten ihre volle Qualität 👿 :
Es hatte sich gezeigt, dass stellenweise dick aufgetragener Spachtel lediglich mit dem Lack zusammengehalten war. Und kurz: es fehlten einfach hi und da ein paar Stücke … Ergo: Rekonstruktion! 😈
Dagegen zeigte sich das zweite Pärchen von Anfang an ganz offenherzig und authentisch :
Das rechte Teil war klasse, nur mit dem linken hatte das Mopeet wohl mal eine Bodenprobe genommen … hier zeigten sich neben dem deutlich erkennbaren Totalmangel an Plastik noch substanzielle Oberflächenabtragungen. Fazit: Auch ein Fall für die Rekonstruktion … Zusätzlich zeigten sich allerdings hier auch noch essenzielle Plastikbrüche 😯 :
Vom Verkäufer schon mit Panzertape versand, war es eigentlich schon ein Stück für die Puzzlebox, aber warum eigentlich? 💡
Lötkolben raus und schön anschmelzen. Anschließend dann die Furche wieder mit reingeschmolzenem Plastik auffüllen. Wunderbar! 😀
Stabil war es damit schon mal. Jetzt konnte die Rekonstruktion beginnen!
Schön Pappe zuschnippeln und die Biegungen nachempfinden … Dann mutig Harz anrühren und fröhlich rumpampen …
Vorher gehörten aber auch nochmal die „silbernen“ rangenommen!
Neben den fehlenden Stellen galt es auch noch ein Auge zu transplantieren. Hier griff ich auf eine alte Alubuchse aus meiner Dreh-Reste-Box zurück, die etwa den richtigen Durchmesser hatte und klebte die von außen mit Tape in das vorher bereinigte Loch ein.
Die restlichen Ausbrüche wurden ebenfalls mit Pappe versorgt. Und dann aber: Laminieren! Und gleich hinterher: erstes Begradigen und Anschleifen:
Close-Ups 😎 :
Hier musste jetzt wieder ein Auge reingeschnitten/gefräst werden.
Fotofinish dann in Kürze! 😉
Update 02.08.2014
Zwischendurch landete aber mal ein anderes Verkleidungsteil auf dem Teller: Das Heckbürzelchen! Der Zahn der Zeit hatte schon ordentlich genagt und neben einem Bruch waren beide Halteaugen – zwar schon mal scheinbar mit Sekundenkleberversuch bedacht worden – fest! Aber nur an den Schraubungen – nicht aber am Bürzel … 🙄
Immerhin – somit hatte ich Glück! Nein, nicht die Geschichte mit dem Auge und dem Nagel …! Alle Teile waren vorhanden und mussten nicht rekonstruiert werden!
Also erstmal Stabilität in die Sache reinkriegen!
Und jetzt die Augen „anschweißen“!
Ordentlich mit Ergänzungsmaterial auffüllen und schön durchheizen! Wenn die Nahtstelle weich wird und sich vorsichtig (!) biegen läßt, ist’s gut! Dann nur noch kalt werden lassen!
Wenn dann nach dem Anschleifen …
auch der Belastungstest positiv ausfällt …
… hat sich’s gelohnt! 😉
One Piece! 😎
Sehr beeindruckend und Mut machend. Ich habe mir bereits einen regelbaren Schweisskolben, ABS-Draht und Bewehrungsmatte besorgt, jetzt brauchte es ’nur‘ noch diesen Anstoß… 🙂 Noch eine Frage: Ist die Verstaerkung der Innenseiten mit GFK zwingend notwendig, oder nur dann wenn originales Material fehlt?
Hi Thomas,
erstmal will ich nicht den Eindruck erwecken, ich wäre darin Profi! Ich bastel nur so vor mich hin und probiere Möglichkeiten aus. Bezüglich deiner Frage: Ich popel mit dem Löti recht beherzt in der „Wunde“ rum und fülle deshalb gerne auf, um auch den erwartbaren Vibrationen etwas Masse zur Verfügung zu stellen. Obs auch ohne geht, kann ich nicht sagen. ?
Grüzze, Wodit